Wie wird ein operiertes Kreuzband nachbehandelt? - Erfahrungen aus den operativen Zentren in Köln und Bonn

Der Riss des vorderen Kreuzbandes ist eine häufige und folgenschwere Kniegelenksverletzung, die vor allem junge und sportliche Patienten betrifft. Eine nicht operierte vordere Kreuzbandverletzung führt häufig nachfolgend zu Instabilitäten im Kniegelenk, welches die Aktivität von Leistungs- und Breitensportlern stark einschränkt. In besonderer Weise werden in der Folge Knorpel- und Meniskusschäden begünstigt.

Am Ende entwickelt sich dann eine sogenannte posttraumatische unfallbedingte Arthrose im Knie. Um die Stabilität des Kniegelenkes wiederherzustellen und das alte sportliche Aktivitätsniveau wieder zu erreichen, aber auch um die gesundheitsbezogene Lebensqualität zu steigern, kommt häufig der arthroskopische Ersatz des gerissenen Bandes in spezialisierten Zentren zum Einsatz. In der Regel werden körpereigene Sehnen verwendet, die im Knochen fixiert werden. Hier müssen sie anschließend in einer längeren Zeit einheilen und sich geweblich umbauen, so dass die Funktion des Kniegelenkes insbesondere vor dem Hintergrund einer wiedererlangten Stabilität nachher wieder vollständig gesichert ist.

Dieser Prozess dauert viele Monate und bedarf einer komplexen sportmedizinischen, sportorthopädischen, physiotherapeutischen und trainingstherapeutischen Nachbehandlung.

In der ersten Phase nach der Operation sollte das Kniegelenk zunächst einmal ergussfrei sein und frei von Bewegungseinschränkungen.

Im Folgenden werden dann zunehmend die Kraftdefizite der Muskulatur ausgeglichen, damit der Patient die neuromuskuläre Kontrolle und Propriozeption über das operierte Bein wiedererlangt. Hierbei darf es nicht zu neuerlichen Verletzungen des neu einoperierten Transplantates kommen, es muss im Rahmen der Rehabilitation ausreichend vor neueren Verletzungen geschützt werden. Neuerliche Risse werden in 2 – 10 % der rekonstruierten Kniegelenke in den ersten sieben Monaten postoperativ gesehen, so dass dieser Zeitraum als besonders kritisch angesehen werden muss.

Im Nachfolgenden möchte ich einige wesentliche Prinzipien und Gedanken zur postoperativen Nachbehandlung zusammenfassen.

Meine Erfahrungen bestehen aus meiner regelmäßigen Literaturrecherche sowie den eigenen Erfahrungen aus den operativen Zentren in Köln und Bonn, in die ich meine Patienten zum rekonstruktiven Kreuzbandersatz schicke.

 

  1. Die Vollbelastung wird in aller Regel spätestens zwei Wochen nach dem Eingriff freigegeben, insbesondere wird keine Extensionseinschränkung, das heißt Einschränkung der Streckfähigkeit von den Operateuren vorgegeben.
  2. Die weitaus überwiegende Zahl aller Operateure verwenden postoperativ eine Orthese (80 %). Im überwiegenden Fall besteht diese aus einer Hartrahmenorthese, weiche insbesondere sogenannte propriozeptive Orthesen mit einer Schienenführung werden auch eingesetzt. Eine Motorschiene wird von etwa 60 % der Zentren nachher empfohlen, ein Muskelstimulationsgerät von etwa 40 %.
  3. Etwa 70 % der Operateure erlauben ein Training gegen Widerstand in den ersten sechs Wochen nach der Operation, bevorzugt Training in der geschlossenen Kette und isometrisches Training. Training in der geschlossenen Kette bedeutet, dass man sich in ein Trainingsgerät hineinsetzt und die Kraft gegen einen Widerstand entwickelt und den Oberkörper dabei fixiert hält.
  4. Auto- oder Fahrradfahren wird von etwa 80 % der Operateure spätestens sechs Wochen nach der Operation wieder erlaubt. Vollbelastende kniende Tätigkeiten sollten etwa erst nach sechs Wochen vollständig freigegeben werden.
  5. Return to sport

Die Mehrheit meiner Operateure und auch die Mehrheit der Operateure laut Literaturrecherche erlauben das Joggen sowie Sprungsportartenlangsam beginnend nach drei Monaten. Alpinskifahren sowie Kontakt- und Mannschaftsportarten werden in aller Regel überwiegend erst nach 12 Monaten freigegeben. Dies entspricht auch meiner Erfahrung. Oft erfährt man, dass Profis früher wieder in den Sport reingehen, jedoch meine Senioren-Leistungssportler und meine Hobby-Leistungssportler werden etwa nach neun Monaten von mir für die oben genannten Kontaktsportarten und alpines Skifahren freigegeben. Eine optimierte standardisierte praxistaugliche Return-to-sport-Testbatterie gibt es bereits, ist meines Erachtens jedoch noch nicht vollständig wissenschaftlich aufgearbeitet

 

Fazit: Es gibt durchaus unterschiedliche Herangehensweisen. Einigkeit besteht jedoch darin, dass kein entscheidender wissenschaftlicher Beweis für das Pro und Kontra des Einsatzes einer Orthese besteht. Ebenso in gleicher Weise gilt dies für den Einsatz einer passiven Motorschiene. Die Beweglichkeit des Kniegelenkes sollte postoperativ im Hinblick auf Streckung und Beugung schnell erreicht werden können. Übungen in geschlossener Kette können relativ zeitnah postoperativ begonnen werden; exzentrisches und neuromuskuläres sowie propriozeptives Training scheint insgesamt in der Rehabilitation schwerpunktmäßig von großem Vorteil zu sein.

Insbesondere bezüglich der Rückkehr zum Sport empfiehlt sich aus Sicht aller Experten aufgrund der verschiedenen Einheilungsphasen, die auch stark patientenindividualisiert und transplantatabhängig sind, ein eher zurückhaltendes Regime, das heißt harter Kontaktsport und Ballsport frühestens nach neun Monaten in enger Kooperation und Rücksprache mit dem nachbehandelnden konservativen Orthopäden.

Ihr konservativ-trainingstherapeutisches Behandlungsteam

Praxis Dr. med. Jürgen Römer